Donnerstag, 21. Juni 2007

Sturzfestival in Fribourg

Am Samstag abend in allen Medien, heute schon auf diesem Blog: Bei der Durchfahrt der Tour de Suisse am 23.6. in Fribourg (16:40 gemäss mittlerer Marschtabelle) werden auf dem Bahnhofplatz happige Stürze nicht zu vermeiden sein. Die Baustelle wird täglich umfangreicher, und beim Übergang vom Asphalt zur gestampften Erde und zurück werden auch gewiefte Profis in Schwierigkeiten kommen, zumal die Strecke um scharfe Kurven führt. Allen Fahrern nur das Beste; passen Sie ums Himmels willen auf!

(Überhaupt habe ich das Gefühl, dass die lokale Polizei die Durchfahrt der Tour noch nicht mitgekriegt hat. Wie ist es sonst zu erklären, dass an diesem Tag nicht nur eine eklige Baustelle auf der Tourstrecke liegt, sondern die Stadt zudem durch die "Fête de la musique" und die "Semaine Médiévale" ziemlich bevölkert sein wird? Die Veranstaltungen der Mittelalterwoche finden übrigens in der Johanniterkommende statt, gleich beim [schönen, aber nicht gerade üppig dimensionierten] Pont St-Jean, über den sich der Tourtross quetschen wird. )


[UPDATE: Etwas spät sei immerhin nachgetragen, dass ich die Radprofis bzw. ihre meisterhafte Beherrschung ihres Handwerks unterschätzt hatte: Alles ging gut. Nachzutragen zu den übrigen oben erwähnten Veranstaltungen ist jedoch eine Hochzeitsfeier in der Kirche St-Jean, die wirklich gerade während der Tour-Durchfahrt zu Ende war...
Und noch was: Die Links zur Fête de la musique und zur Semaine Médiévale sind, ach, hinüber und wurden entfernt.]

Montag, 18. Juni 2007

Es ginge schon, aber es geht nicht

Nochmals im Theater letzte Woche, als wollte ich die Saison vor ihrem Ende noch möglichst intensiv auskosten. Zu meiner Schande sei’s gestanden: Ich habe das ganze eindrückliche Jahr an der Effingerstrasse verpasst und mir nur das allerletzte der neun Kammerspiele angesehen. (Ebenfalls zu meiner Schande sei’s gestanden, dass ich, solange ich in Bern wohnte, ausschliesslich Parteien wählte, die das Theater an der Effingerstrasse um keinen Preis öffentlich subventionieren wollten – aber das ist eine andere Geschichte.) Gegeben wurde „Eine pornographische Beziehung“; wieder eine Filmadaption, das liegt diesem Theater offensichtlich. Den Film hatte ich nicht gesehen und kann deshalb nicht vergleichen, aber wie hier ein Stoff übernommen und auf die Stärken des neuen Genres – die Unmittelbarkeit, Nähe, Intimität – angepasst wurde, zeugte von grossem Verständnis der eigenen und fremden Möglichkeiten.

Ein kurzes Stück, die Fabel ist schnell erzählt: Ein Mann und eine Frau beginnen, aufgeklärt-experimentierfreudig-modern, eine rein sexuelle (oder eben pornographische) Beziehung: Treffpunkt jede Woche im Kaffee, Dislokation ins Hotel, Vollzug, Abschied. Dass das nicht gut gehen kann, weiss der geneigte Theaterbesucher. Dass sich aus dieser Konstellation die Möglichkeit einer grossen Liebe entwickeln könnte, ist die menschenfreundliche Drehung, die der Autor der Geschichte gegeben hat. Dass die beiden dann, gewissermassen aus Angst, der andere wolle nicht richtig, dem schon fühlbaren und ersehnten Glück scheinbar nüchtern den Rücken kehren, ist vielleicht die richtige Entscheidung: So bleibt die Beziehung eine süsse Erinnerung, ohne sich im schon skizzierten Räderwerk des Alltags aufzureiben. Es ginge schon, aber es geht nicht.

Das Bühnenbild, ja die äussere Handlung sind minimal. Dieser schlichte Rahmen erlaubt es dem protagonierenden Paar, unsere ganze Aufmerksamkeit auf seine Regungen, Wünsche, Selbstzweifel, auf sein Herzklopfen und seine Enttäuschung zu ziehen. Ein Leckerbissen an Ironie und Eleganz ist der witzigste Geschlechtsakt, der in letzter Zeit auf deutschsprachigen Bühnen zu sehen war (ich habe sonst keinen gesehen, aber bin da ziemlich sicher).

„Eine pornographische Beziehung“ läuft an der Effingerstrasse noch bis am 30.6. Das Programm der nächsten Saison ist erschienen, und ich werde mir einige Stücke in die Agenda eintragen – so viel wie dieses Jahr will ich nicht mehr verpassen.

Beauty more than me

Der letzte Ballettabend von Stijn Celis im Stadttheater Bern, ein letzter Versuch, diesen Tanzstil zu verstehen und zu geniessen. Kurz bevor Celis vor drei Jahren in Bern anfing, hatte sich bei mir so etwas zwischen Lust auf und Interesse an Tanz bemerkbar gemacht. Genauer: Nachdem ich in den Jahren davor zu einem regelmässigen Theatergänger geworden war (die Effingerstrasse lässt grüssen), fand ich, dass es an der Zeit sei, sich auch mal mit Tanz zu beschäftigen. Ich hatte keine Ahnung, weder von traditionellem Ballett noch von zeitgenössischem Tanz; aber ich ging davon aus, dass sich das Verstehen und Geniessen von Tanz lernen lässt, so wie das Verstehen und Geniessen von Sprechtheater oder klassischer Musik. In Barbara fand ich eine Mit-Interessierte, und so wurden wir zu Stammgästen in den Ballettaufführungen am Stadttheater. Meine Sinne schärfte ich zudem in der Dampfzentrale und am Zürcher Opernhaus.

Soviel zu meinem Rucksack, nun zum gestrigen Tanzabend. Zur Kunst von Stijn Celis steuerte Franticek Klossner Video- und Lichtinstallationen, Don Li Musik und Gerhard Johann Lischka einen Text bei. Dieser Zusammenprall von Elementarteilchen hinterliess in der Nebelkammer Stadttheater drei unterschiedliche Spuren: poetisch-ästhetisch die erste, wo sich zu melodischen und melodisierten Worten von Edith Piaf Licht und Konturen bewegten; intellektuell-entrückt die zweite, wo ein (für mich in dieser Konstellation zu komplexer) Essay über Schönheit von einer schwebenden Zeitlupenfigur gebrochen wurde; abstrakt-athletisch die dritte, wo die Truppe nochmals die geballte, beherrschte Körperlichkeit zeigte, die das Ballett in Bern in den letzten drei Jahren geprägt hat.

Haften geblieben sind einige magische Bilder – die deponierten Tänzersilhouetten im ersten Teil, das schwere- und anstrengungslose Luftballett im zweiten, virtuose Figuren im dritten. Etwas hilflos bin ich nach drei Jahren immer noch, was mein ursprüngliches Ziel, Tanz zu lesen und zu verstehen, angeht. Der ästhetische Genuss, die Freude am Sehen sind da; dahinter ist nicht viel. Das Gesehene zu interpretieren, in einen Zusammenhang zu stellen, gelingt mir kaum. Vielleicht suche ich zu weit? Die lokale Presse weist auf die Stoffgeschwüre hin, die die Schönheit konterkarieren, sieht extrovertierte Schönheit im Discoanzug mit der natürlichen Schönheit in Unterwäsche konfrontiert. Das hätte ich auch sehen können – aber ob ichs zu interpretieren gewagt hätte? Zu einfach wäre es mir erschienen, zu banal und kaum der Rede wert. Vielleicht muss ich die nächste Tanzsaison elementarer angehen, wenn ich mir die Dimension hinter der ästhetischen Oberfläche erschliessen will.


[UPDATE: Das Stadttheater Bern hat eine neue Website und die alte geschreddert, weshalb ich den Link anpassen musste.]

Sonntag, 3. Juni 2007

Fix oder mobil?

Nein, es geht nicht um das Telefon, aber um ein ähnlich unabdingbares Gadget, den Computer. Heute bereue ich zum ersten Mal (seit Dezember 06 wohlgemerkt), dass ich vom Laptop zum Desktop umgestiegen bin. Ein Blogpost schreibt sich leichter in der Stube, auf dem Sofa sitzend, viel Licht und Raum rundherum anstelle der Büroatmosphäre. Was ich hiermit tue: Der gute alte Laptop, wenngleich etwas altersschwach und eingerostet, erlebt dadurch noch einen (seinen sechsten) Frühling. (Das Posten verlangt dann aber nach etwas Handarbeit: Aufs Internet lasse ich den Alten natürlich nicht mehr…)

Kreativitätsschub

Gestern war ich kurz davor, gleich ein neues Blog zu starten, ein Blog über Athen. Endlich, dachte ich, habe ich ein Thema gefunden, das mir am Herzen liegt und zu dem ich etwas zu sagen hätte. Aber gemach: Ich halte mich an meinen Vorsatz und poste vorerst unterschiedslos alles, was mir in den Sinn kommt, hier. Der Termin für die Revision dieses Vorsatzes ist jedenfalls gut gewählt: Dann werde ich eben aus Athen zurück sein, und dann wird das Athenblog vielleicht doch noch Tatsache.

Weisse Rosen aus Athen...

.. war mal mein Lieblingslied. (Ja, das von Nana Mouskouri. Ja, ich war damals noch sehr jung. Nein, ich finde es immer noch ein schönes Lied, auch wenn sich mein Musikgeschmack seither durchaus geändert hat.) Inzwischen habe ich mit Erasmusjahr und wiederholten Ferien gegen 15 Monate meines Lebens in Athen verbracht, und die nächsten zwei Wochen (im Oktober) sind auch bereits gebucht: Der Flug schon lange (Swiss liebt Frühbucher, und wir lieben Swiss), das Hotel (Attalos) letzte Woche. Alles wird gut.

Zu sagen, Athen fehle mir, wäre etwas pathetisch. Aber dass mir warm ums Herz wird beim Gedanken an das pulsierende Leben beim Thissío, an den pulsierenden Verkehr auf der Athinás (und überall) und an den absoluten Frieden beim Aufstieg auf den Filópappos angesichts der ungerührten Majestät der Akropolis, das triffts schon. Es bleiben gut vier Monate der Vorfreude; vier Monate auch, um mein Griechisch noch etwas zu ölen – und genügend Zeit, um hier das eine oder andere Mal über Athen zu schreiben.